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<title>Tagebuch des Fürsten Christian II. von Anhalt-Bernburg: <date when="1621-01"
>Einleitung zum Jahrgang 1621</date></title>
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<name>Christian II.</name>
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<surname type="toponymic">Anhalt-Bernburg</surname>
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<resp>geschrieben von</resp>
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<resp>Umsetzung der Digitalen Edition von</resp>
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<forename>Marcus</forename>
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<funder>Deutsche Forschungsgemeinschaft</funder>
<principal>Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit an der
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.</principal>
<principal>Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel</principal>
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<date type="digitised" when="2013">2018</date>
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<p>Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (<ref
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<item>work in progress</item>
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<p>
<hi rend="bold">I.</hi> Die militärischen und politischen Ereignisse des Jahres 1621
wurden vor allem von den Folgen der vernichtenden Niederlage der böhmischen Konföderierten
vor den Toren Prags vom November 1620 geprägt. Spätestens mit dem im Sommer begonnenen
Vormarsch kaiserlich-ligistischer und spanischer Truppen auf die Unterpfalz,
welchen auch die durch den geächteten „Winterkönig“ und Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz
aufgebotenen Heerführer Graf Peter Ernst II. von Mansfeld und Herzog Christian d. J.
von Braunschweig-Wolfenbüttel nicht aufzuhalten vermochten, verlagerte sich das
Kriegsgeschehen von den Territorien der Wenzelskrone in den Südwesten des Heiligen
Römischen Reiches deutscher Nation. Die während des Ständekonflikts in Böhmen neutrale
Protestantische Union hatte sich bereits im April formal aufgelöst. Das Engagement Englands,
Schwedens und der Vereinigten Niederlande in der weiterhin offenen kurpfälzischen Frage
verlieh dem Krieg zunehmend eine „europäische“ Dimension.
</p>
<p>
<hi rend="bold">II.</hi> Die überlieferten Tagebucheinträge des Fürsten Christian II.
von Anhalt-Bernburg setzen erst mit dem <ref
target="http://diglib.hab.de/content.php?dir=edoc/ed000228&distype=optional&metsID=edoc_ed000228_fg_1621_11_sm&xml=1621_11.xml&xsl=tei-transcript.xsl#hd1">25. November 1621</ref> ein. Als kaiserlicher
Kriegsgefangener wurde er an diesem Tag von Wiener Neustadt in die Residenzstadt
Wien verlegt, womit auch eine Lockerung der bisherigen Haftbedingungen verbunden
war. Die folgenden Bemühungen des jungen Anhaltiners zielten in erster Linie darauf ab,
bei Kaiser Ferdinand II. für sich selbst und seinen mit der Reichsacht bestraften Vater
Christian I. eine vollständige Begnadigung zu erreichen. Die lange angestrebte und am
<ref
target="http://diglib.hab.de/content.php?dir=edoc/ed000228&distype=optional&metsID=edoc_ed000228_fg_1621_12_sm&xml=1621_12.xml&xsl=tei-transcript.xsl#hd12">12. Dezember</ref> endlich gewährte kaiserliche Audienz verlief nach einigen Anlaufschwierigkeiten
durchaus vielversprechend. Am Monatsende wurde er sogar dazu eingeladen, den Kaiser zu
dessen Hochzeit nach Innsbruck zu begleiten.
</p>
<p>
<hi rend="bold">III.</hi> Christian II. hatte in den Jahren 1619/20 als junger Obrist unter
dem Oberbefehl seines Vaters aktiv an den militärischen Operationen der böhmischen Konföderierten
teilgenommen.<note type="footnote">Vgl. Johann Christoph von Aretin (Hg.): Tagebuch des Prinzen
Christian von Anhalt, über die Kriegsvorfälle des Iahres 1620, in: Beyträge zur Geschichte und Literatur,
vorzüglich aus den Schätzen der pfalzbairischen Centralbibliothek zu München 2.6 (1804), S. 65-96, 3.1 (1804),
S. 49-112, und 3.2 (1804), S. 49-112.</note> In der Schlacht am Weißen Berg vom 8. November 1620 kommandierte er zwei Regimenter,
wurde bei einer gewagten Reiterattacke schwer verwundet und durch den kaiserlichen Obristen Guillermo
Verdugo gefangen. Dieser übergab ihn Mitte Mai 1621 dem Kaiser, der den anhaltischen Prinzen knapp zwei
Wochen darauf nach Wiener Neustadt bringen, dort arretieren und streng überwachen ließ. Von hier aus
ersuchte Christian II. das Reichsoberhaupt im August, nach Wien ziehen und ihm aufwarten zu dürfen.<note type="footnote">Vgl.
Christian II. von Anhalt-Bernburg: Eigentlicher Bericht wie es mir in und seithero der Schlacht vor Prag ergangen. 1620,
den 8. November, in: Heinrich Lindner (Hg.), Mittheilungen aus der Anhaltischen Geschichte, 1. Heft, Dessau 1830, S. 3-26.</note>
Im Vorfeld der für den 12. Dezember zugesagten Audienz bei Ferdinand II. traten jedoch erhebliche
Meinungsverschiedenheiten auf, da der junge Anhaltiner zunächst „eher sterben“, als den zur Demonstration
seiner Unterwerfung kategorisch geforderten und für ihn als Reichsfürsten hochproblematischen Kniefall
leisten wollte.<note type="footnote"
>Tagebucheintrag vom <ref
target="http://diglib.hab.de/content.php?dir=edoc/ed000228&distype=optional&metsID=edoc_ed000228_fg_1621_12_sm&xml=1621_12.xml&xsl=tei-transcript.xsl#hd11"
>11. Dezember</ref>.</note> Nur auf das intensive Drängen befreundeter Ratgeber fügte er sich zuletzt weitgehend
in das Unvermeidliche und machte „4 schritt vorm Kaiser eine Reuerenz mit dem lincken schenckel, das Jch
vfs knie zu sizen kahm“, obwohl ihm der Reichsvizekanzler Johann Ludwig von Ulm zuvor eingeschärft hatte,
„[Jch] müste mitten in der stuben niederfallen, Vnd so lang vf den Knien liege[n,] bis mich der Kayser
hies vfstehen“. Das Reichsoberhaupt zeigte sich mit diesem zeremoniellen Kompromiss glücklicherweise ebenso
zufrieden wie mit der anschließenden geschickten „Rede“ des Prinzen, die auf jede konfessionelle und politische
Rechtfertigung verzichtete. Stattdessen bat er Ferdinand II. um Gnade, Huld und Schutz. Seine Teilnahme an dem
„böhmischen Veldzug“ verteidigte Christian II. damit, dass er lediglich seinem „herzlieben herrn Vattern, in deßen
Gehorsamb vnd disciplin Jch gewesen“, gefolgt sei und gehofft habe, sich auf dem Schlachtfeld „als ein angehender
Junger Soldat“ zu qualifizieren, um in der Zukunft Kaiser und Reich „desto füglicher“ dienen zu können.<note type="footnote"
>Tagebucheintrag vom <ref
target="http://diglib.hab.de/content.php?dir=edoc/ed000228&distype=optional&metsID=edoc_ed000228_fg_1621_12_sm&xml=1621_12.xml&xsl=tei-transcript.xsl#1621-12-12_6r"
>12. Dezember</ref>.</note> In der Tat gelang ihm auf diese Weise, zu Ferdinand II. in der Folgezeit ein stabiles Vertrauensverhältnis aufzubauen.
</p>
<p>
<hi rend="bold">IV.</hi> Manche Angehörige des Wiener Hofadels überzeugten derlei Treueerklärungen ohne das in den
Territorien der Habsburgermonarchie zunehmend obligatorische Bekenntnis zur katholischen Kirche freilich wenig. So teilte
die altgläubige böhmische Oberstkanzlerin Polyxena Popel von Lobkowitz Christian II. gleich zu Beginn seines Besuches am Tag
nach der kaiserlichen Audienz zwar „mit vielen höflichen worten“, aber deutlich genug mit, wie stark sie ihn „ins garn der
Catholischen Religion [zu] fischen“ wünschte, damit „es meiner Seehl möchte wol gehen“. Danach erhob die geborene Frau von
Pernstein schwere Vorwürfe gegen den Calvinismus, der für alle in Prag verübten Bilderstürme und Grabschändungen verantwortlich
sei. Auch der Vater ihres Gastes könne sich für seine frühe Beteiligung an der Ständerevolte in Böhmen „nicht entschuldigen“ und
habe „schlechte Leuthe“, die „theils von Schneidern[,] Bläuern vnd dienern“ abstammten, mit den höchsten Landesämtern betraut. Der
Prinz „wiederlegte alles der gebühr nach“ und sah sich gegen Ende des Gespräches selbst mit der provokanten Frage konfrontiert,
warum er weder vor dem Kaiser noch vor Gott niederknien wolle. Seine Antwort, dies „fast alle Morgen vor vnserm herrn Gott“ als
„eine ehre[,] die Jhm gebühre“, zu tun, dürfte die Skepsis der eifrigen Katholikin mit spanischer Mutter kaum verringert haben.<note type="footnote"
>Tagebucheintrag vom <ref
target="http://diglib.hab.de/content.php?dir=edoc/ed000228&distype=optional&metsID=edoc_ed000228_fg_1621_12_sm&xml=1621_12.xml&xsl=tei-transcript.xsl#1621-12-13_8v"
>13. Dezember</ref>.</note>
</p>
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